Auf den ersten Blick trennt Geopolitik und einzelner Mensch eine übergroße Kluft. Millionen und Abermillionen von einzelnen Individuen bilden zusammen ein Volk.
Diese Millionen und Abermillionen Einzelner definieren den Abstand des Einzelnen zur Geopolitik. Und es ist dann dieses Volk, diese Nation und der sich daraus bildende Staat, der dann seine Geopolitik betreibt.
Und doch stehen sich Geopolitik und der Einzelne sehr sehr nahe. Betrachten wir das was man als einen Einzelnen betrachtet, so handelt es sich um eine Entität mit bestimmten Eigenschaften.
Lösen wir bestimmte Eigenschaften von dieser Entität, so können wir sie auch im Sinne eines Abstraktums betrachten. Wir können auch bestimmte Kombinationen ebensolcher Abstraktionen zusammenstellen und auf andere Entitäten übertragen.
Die hier angesprochenen Eigenschaften sind jene die für den Menschen als Individuum charakteristisch sind. Nun sind Staaten zwar keine Individuen, aber Staaten sind auch ein Abstraktum. Konkrekt hingegen sind die Individuen die in einem Staat bestimmte Rollen besetzen.
Diese Individuen sind Träger eben dieser Eigenschaften. Durch die Rollen die sie in einem System besetzen erweitern sie aber ihre Identität und Wirksamkeit im enormer Weise. Sie assimilieren als Subjekt die zig Millionen Individuen, den gesamten Staatsapparat und das gesamte Territorium der Nation in ihrer Identität und agieren nun mit der Wirksamkeit dieses Riesenapparates.
Besagte Eigenschaften des Einzelnen werden also in der Geopolitik wirksam.
Das Paradoxe dabei ist, dass die potenziellen Rollenträger in diesen Rollen nun genau all jene Eigenschaften des Einzelnen akkumulieren, deren Ausleben sie dem Einzelnen innerhalb solcher Staatsgebilde untersagen.
Während also jene überwältigende Mehrheit aller Einzelnen die niemals eine dieser Rollen besetzen auch niemals diesen ihren Eigenschaften folgen dürfen und statt dessen mit den psychologischen Instrumenten der „Gerechtigkeit“ und der „Wahrheit“ in untertäniger Selbstlosigkeit gefangen gehalten werden, praktiziert die winzige herrschende Minderheit der Rollenträger ein völlig anderes Dasein.
Vermittels ihrer Rollen haben sie sich eben all jene Eigenschaften als Privilegien gesichert, die sie dem Einzelnen im Namen ihres Instrumentes, des Staates untersagen.
Somit ist Geopolitik der auf eine winzige herrschende Minderheit verdichtete Vollzug genau jener menschlicher Eigenschaften, die der überwältigenden Mehrheit der beherrschten Einzelnen von diesen Rollenträgern verboten wird.
Es wundert daher auch nicht, dass die beherrschten Einzelnen Geopolitik nicht verstehen weil sie mit ihrem vom Staat beschränkten kognitiven Instrumentarium daran gehen.
Staaten sind somit Systeme, welche der herrschenden Minderheit genau das ermöglichen und erlauben, was sie der beherrschten Masse verbieten. Und es ist dieses Verbot, das wiederum die Voraussetzung der Herrschaft der Herrschenden ist.
Der Mensch wird als Individuum von diesen Systemen seiner basalsten Eigenschaften enteignet, er darf sie nicht einmal im Rahmen seiner individuellen Machtmittel ausleben, während umgekehrt jene Individuen, die die Rollen der Herrschaft besetzen nicht nur das Privileg innehaben diese Eigenschaften auszuleben, sie haben zusätzlich auch noch das Recht dies im Rahmen der gigantischen Machtmittel eines Millionen von Menschen umfassenden Kollektivs zu tun.
Der Zusammenhang zwischen Willen, Denken und Handeln gilt als konstitutiv für den Menschen und ist unlösbar mit seiner Würde verbunden bzw. es ist die Essenz seiner Würde. Staaten sind aber Konstrukte die diese Ganzheitlichkeit des Menschen vollumfänglich zerstören und sich dennoch als Wächter der Würde des Menschen deklarieren.
In einem Prozess der Spaltung, man könnte auch sagen in einem Prozess kognitiver Arbeitsteilung wird die Ganzheitlichkeit zwischen der Handlung und den ihr vorausgehenden Größen des Willens und des Denkens gespalten. Dem Willen und Denken der herrschenden Minderheit der Rolleninhaber wird das Handeln der beherrschten Massen zwangsweise unterworfen. Die Akkumulation des Handelns von Millionen und Abermillionen verschafft dem Willen und Denken der winzigen Minderheit der Rolleninhaber jene überwältigende Wirksamkeit.
Ungesehen aller Abwandlungen solcher Systeme ist genau diese kognitive Arbeitsteilung die Konstante in allen solchen Systemen. Somit ist sie der eigentliche Zweck, ein Instrument zur Verschleierung von Herrschaft weniger über viele.