Die Perspektiven des Dummen sind konkret, er befasst sich nicht mit dem Generellen sondern mit dem Konkreten. Das ist so, weil der Dumme nicht der Logik des Verstandes sondern der Logik der Gefühle folgt und die Logik der Gefühle ist eine Logik des Konkreten.

Die Logik der Gefühle ist aber auch eine autoritäre Logik, die keinen Widerspruch zulässt. Der Dumme ist von seinen konkreten Perspektiven so überzeugt und in seiner emotionalen interessengesteuerten Logik so weit entfernt von jeder Logik rationaler Vernunft, dass er immer dann, wenn er nichts gegen rationale Regeln, Regeln im Generellen sagen kann, für seine konkreten Perspektiven das Recht der Ausnahme von er Regel postuliert.

Kritik an seinen Perspektiven wird also entweder dadurch abgewehrt, dass die Regeln zwar anerkannt werden, aber in diesem speziellen Fall nicht Anwendung finden können, weil es sich eben um Ausnahmen von der Regel handelt oder aber in dem die Regeln selber in ihrem Anspruch auf Allgemeingültigkeit angezweifelt werden und selber zu nichtssagenden Einzelfällen degradiert werden.

Die Urteilsbildung des Menschen folgt zwei grundsätzlich verschiedenen Wegen. Der Mensch kann Urteile selber generieren oder er kann sie übernehmen. Das Generieren von Urteilen ist ein intellektueller Prozess der rationalen Vernunft des Menschen. Die Übernahme von Urteilen hingegen ist ein emotionaler Prozess des Menschen.

Im Falle des intellektuellen Prozesses fügt sich der Mensch der Autorität der Logik rationaler Vernunft. Im emotionalen Prozess fügt sich der Mensch der Autorität der Gewalt Weniger bzw. Einzelner oder aber der Autorität der Mehrheit.

Daher tritt das Phänomen dieser Form der Dummheit insbesondere dann auf, wenn Menschen derartigen Formen der Autorität ausgesetzt werden. Je nach Lebensweise, Lebenslage und gesellschaftlicher Rolle eines Menschen kommt es daher mehr oder weniger oft und intensiv zu derartigen Konstellationen der Konfrontation mit Autoritäten.

Werden Urteile also übernommen, so agiert das Individuum Mensch auf einer völlig anderen Grundlage als im Falle des Generierens von Urteilen. Generiert der Mensch seine Urteile selber, so ist er weitestgehend selbstgesteuert. Werden Urteile hingegen von außen übernommen, so handelt es sich um einen weitestgehend fremdgesteuerten Menschen, der seine Selbständigkeit verloren hat. Im Falle einer Auseinandersetzung mit einem Dummen dieser Couleur hat man also nicht nur eine Auseinandersetzung mit diesem einen Menschen sondern im Grunde auch eine Auseinandersetzung mit dem gesamten Apparat dessen Urteile dieser Mensch übernommen hat.

An dieser Stelle muss daher der Begriff der Propaganda Erwähnung finden. Propaganda ist genau jenes Instrument, das die im Falle von Dummheit zu übernehmenden Urteile vermittelt. Dabei kombiniert Propaganda diese Urteile stets mit derjenigen Autorität, die zur Übernahme dieser Urteile erforderlich ist. Propaganda ist somit ein wesentliches kollektives Element bei der Vermittlung von Dummheit.

Propaganda ist grundsätzlich intolerant, denn sie weiß einerseits darum mit ihren Urteilen nicht die Wahrheit zu verbreiten, andererseits aber auch um die absolute Notwendigkeit, dass die Wahrheit ihrer Urteile nicht in Zweifel gezogen werden darf. Denn das Aufdecken des Glaubens an eine Unwahrheit, also die Entdeckung des Irrtums, würde mehr Angst wecken, würde sich als noch größere Autorität erweisen, als die Autorität jener Kräfte, die hinter der Propaganda stehen.

Ein ganz wesentliches Element dieser Konstellationen besteht darinnen, dass jene Vertreter autoritätsbedingter Dummheit den selben Mechanismus der ihre eigene Dummheit bedingt auch zum Einsatz kommen lassen, um selbige Dummheit auch bei anderen zu induzieren. Autoritätsbedingte Dummheit ist somit eine hochgradig übertragbare Form von Dummheit. Sie wird auf dieselbe Art und Weise weitergegeben, wie sie selber übernommen wurde.

Wesentlich ist dabei nur das Auftreten von Autorität im Allgemeinen nicht die spezielle Form dieser Autorität. So kann es sein, dass ein Vertreter dieser Dummheit durch die kollektive Autorität der Mehrheit diese Form der Dummheit übernommen hat, selbst jedoch durch die Gewalt seiner individuellen Rolle ihm Untergeordnete zur Übernahme dieser Form der Dummheit zwingt.

In diesem Kontext ist der Begriff der Dummheit näher zu beleuchten. Dummheit bedeutet nicht notwendig, dass die durch emotionale Prozesse also durch Übernahme zur Anwendung kommenden Urteile fehlerhafter, dümmer wären als jene, die ein Individuum selbst generiert hat.

Dummheit bedeutet lediglich einen bestimmten Weg zur Urteilsbildung. Im Falle dieser Dummheit verzichtet der Einzelne darauf, wesentliche Befähigungen des Menschen zur Anwendung kommen zu lassen. Diese Befähigungen werden gemeinhin als das Gegenteil von Dummheit verstanden. Die Dummheit besteht somit im Verzicht auf die Anwendung dieser Fähigkeiten.

Dies ist selbstverständlich keineswegs zufällig so oder unsinnig. Aus evolutionsbiologischer Sicht kann man unterschiedliche Felder kognitiver Aktivität unterscheiden. Dabei lassen sich zwei Felder polar gegenüberstellen. Im entspannten Feld lebt das Kollektiv ohne äußere Drücke, die eine intensive Kooperation der Individuen erfordern würden. Die Individuen können ein großes Maß an kognitiver Unabhängigkeit und Ungleichheit von einander erreichen. Innerhalb des Kollektivs kann diese Unabhängigkeit der Teile des Kollektivs so groß werden, dass zwischen ihnen sogar spaltende Elemente, wie Konkurrenz auftreten.

Im angespannten Feld ändert sich dies grundlegend. Ein äußerer Druck erzwingt eine enge Kooperation im Kollektiv. Die individuelle kognitive Aktivität muss zurückgefahren werden, um die zur Bewältigung einer Herausforderung erforderliche Einheitlichkeit des Agierens des Kollektiv zu ermöglichen. Voraussetzung dieser Geschlossenheit im Agieren ist Arbeitsteilung.

Die Mehrheit des Kollektivs übernimmt die verhaltensrelevanten Urteile und bildet damit eine neue Form agierender Ganzheit. Eine Minderheit generiert die zur Problembewältigung erforderlichen Urteile.

Die gesamte gesellschaftliche Struktur ist so angelegt, dass die Urteile generierende Minderheit über die Gewalt und Autorität verfügt, die erforderlich ist, um zur Übertragung ihrer Urteile auf die Massen zu kommen. Das ist eines der wesentlichsten Kriterien gesellschaftlicher Strukturen.

An dieser Stelle muss betont werden dass das Vorhandensein dieser Veranlagungen im Menschen unter entsprechenden Umständen zwar durchaus sinnvoll sein kann, aber in umgekehrter Weise auch missbraucht werden kann. Missbraucht in dem Sinne, dass man das eigenständige Generieren von Urteilen als wesentliches Element der Würde des Menschen auffasst, der Mensch aber durch den Einsatz von Autoritäten dazu gebracht werden kann und wird, dieses wesentliche Kriterium seines Menschseins abzulegen.

Andererseits kann diese Veranlagung aber auch als Indikator für gesellschaftliche Entwicklungen verstanden werden. Entwicklungen die Einfluss nehmen auf den Verlust des entspannten Feldes, man könnte auch sagen des Friedens. Verlagert sich die Urteilsbildung vom Generieren zur Übernahme, so kann dies als Anzeichen dafür bewertet werden, dass sich äußere Drücke auf die Gesellschaft ankündigen oder aber die innergesellschaftlichen Formen von Macht und Gewalt zu so großen Gradienten führen, dass eine total entmachtete Masse immer mehr dazu neigt Urteile nicht selber zu bilden sondern von immer machtvolleren Autoritäten zu übernehmen.

Damit erklärt dieser Mechanismus in weiten Teilen die aktuell von vielen beobachteten Entwicklungen hin zu einer immer konformistischeren Haltung der Menschen.

Angst und gefühlte Hilflosigkeit gegenüber gezielt formulierten Bedrohungen, denen gegenüber der Einzelne sich vollkommen hilflos fühlen muss (wie z.B. der sogenannte Klimawandel oder sogenannte Pandemien) können ganz wesentliche Instrumente sein, um derartige Entwicklungen massiv zu katalysieren.

Aus alle dem folgt aber noch etwas grundlegendes. Das was man Demokratie nennt ist eine funktionelle Organisation von Kollektiven, die nur in der Phase funktionsfähig ist und sein kann, in der Urteile von den Individuen nicht übernommen sondern generiert werden. Sobald es zum Verlust des entspannten Feldes kommt und Menschen durch die Übernahme von Urteilen gleichgeschaltet werden, wird dieser Mechanismus massiv verstärkt und es kommt unter vollkommen anderen als den demokratisch relevanten Bedingungen zur Bildung von Mehrheiten. Das sind aber keine demokratischen Mehrheiten, das ist ein Missbrauch der Demokratie. Durch die geschickte Orchestrierung dieser Mechanismen können die Mächtigen im Hintergrund scheindemokratische Macht ausüben.

Das diabolische unter solchen Konstellationen der Urteilsbildung ist dann nicht der angebliche Feind, auf den das Kollektiv eingeschworen werden muss, sondern der Missbrauch der Wesenhaftigkeit des Menschen. Wenn die absolute Mehrheit der Menschen gezielt ihrer eigenen Urteilsgenerierung beraubt werden, um sie auf das Dasein von Werkzeugen zu reduzieren, so ist dies das wahrhaft Diabolische in dieser Situation.

Der einzige Weg der Befreiung aus dieser Form der Dummheit besteht darinnen, dass jene menschlichen Autoritäten, also die Gewalt die von Einzelnen oder von den Massen ausgeht, für den betroffenen Menschen nicht die größte, nicht die entscheidende Autorität im Leben ist. Nur wenn der Einzelne über den Glauben an eine Autorität verfügt, die für ihn größer ist als alle jene Autorität, die von seiner menschlichen Umwelt ausgeht, nur dann kann er sich dieser System-Autorität widersetzen, nur dann hat er die Kraft sich den Autoritäten, die ihn zur Dummheit zwingen wollen, nicht zu unterwerfen.