nun wäre es durchaus verstehbar, wenn man dem „staat“ bzw. jenen, die ihn repräsentieren nicht alles glauben würde, was dieser bzw. seine repräsentanten von sich geben.
aber obwohl die geschichtsbücher und nicht weniger auch die gegenwart voll von staatlichem machtmißbrauch und staatlichen lügen sind, so würde es wohl als sehr fraglich, ja sonderbar, ja gestört angesehen, wollte man als bürger alles was dieser staat sagt, grundsätzlich bezweifeln und in frage stellen.
menschen die so etwas tun werden heute gerne als „reichsbürger“ verunglimpft und verfolgt. sie gelten entweder als krankhaft gestört oder aber als bösartig schlecht.
das paradoxe dabei ist nun das, dass eben genau dieser staat, der seine bürger derart diskriminiert, wenn sie ihm ganz grundsätzlich mißtrauen, selber ganz genauso grundsätzlich seinen bürgern mißtraut.
der bürger der etwas will was er nicht hat oder etwas nicht will was er soll, der muss sich bis aufs hemd ausziehen, alles begründen, erklären, beweisen.
so grundsätzlich polar aufgebaut ist das system. wenn nun also bürger die dem staat mißtrauen „reichsbürger“ sind, ist dann der staat der seinen bürgern derart mißtraucht auch ein „reichsstaat“, ist das dann „reichsstaatlichkeit“…?
nun das soll jeder für sich selber entscheiden. was aber keine frage des geschmacks ist, das ist die schon bemerkte polarität der gesellschaft.
aus der sicht der menschen gibt es da zwei grundsätzlich unterschiedliche wege. der eine weg ist der weg der schwachen die stark sein wollen. für sie alle bietet der staat eine möglichkeit der realisierung dieses traums.
dazu müssen sie sich nur dem system unterwerfen. war unterwerfung einst ein persönlicher akt, so ist sie heute ein anonymer akt, aber nicht weniger unterwerfung als einst.
und damit der mensch das nicht mehr erkennen kann, verhindert man in der pädagogik die entwicklung jener strukturen der seele des menschen, die ihn diese unterwerfung also unterwerfung empfinden lassen würden.
diese menschen die nun das gefühl haben, sich nicht einem konkreten menschen, sondern einer abstrakten idee zu unterwerfen, empfinden die unterwerfung nicht mehr als solche, weil sie in den glauben versetzt werden, diese idee wäre ihre idee bzw. weil diese idee zu ihrer idee gemacht wird. so glauben sie sie seien frei obwohl sie in wahrheit in tiefster unfreiheit fristen.
erst wenn sie sich also diesem ritus so unterworfen haben, dsss sie diese unterwerfung gar nicht mehr erkennen können, erhalten sie die weihen, die ihnen all die macht verleihen, die ihnen das system zuvor so vollkommen entzogen hat.
somit erzeugt das system zuerst systematisch genau das bedürfnis, das es so dann ebenso systematisch bedient.
ein system welches stark an die kirche erinnert. hatte die kirche mit der sünde zuerst das bedürfnis der vergebung geschaffen, so bediente die kirche so dann eben genau dieses bedürfnis unter der strengen voraussetzung, dass sich der gläubige der kirchlichen ordnung vollkommen unterwarf.
spiegelbildlich dazu treibt der staat heute dieses geschäft. die ware um die es heute geht ist nicht mehr die folge, die wirkung des handelns, sondern das handeln selber.
damit schreitet das system der macht heute einen grundlegenden schritt rückwärts. der mensch kommt gar nicht mehr so weit, dass er bis zur sünde kommen würde. der moderne mensch wird schon am handeln selbst gehindert. die freiheit des handelns die ja erst die sünde ermöglichen kann, ist verloren. der moderne mensch ist also nicht mehr mit der sünde belastet, sondern vom handeln entlastet.
sein bedürfnis ist somit nicht mehr die befreiung von den folgen des handelns, sondern die freiheit zum handeln.
und genau diese freiheit erhält er, so wie es früher mit der vergebung war, heute erst und nur wenn er sich diesem system unterwirft. dann schütet das system das füllhorn der freiheiten zum handeln über dem einzelnen aus.
die grosse masse der schwachen hat also ein übergrosses interesse daran, dass ein derartig polares system überhaupt besteht. hier leistet das system seine eigene generierung. das dürften sehr grundlegende antriebe im einzelnen zur etablierung eben solcher staatlichen strukturen sein.
dass es menschen gibt, die das recht haben über andere zu bestimmen. dass es menschen gibt die das recht haben, andere zu bezweifeln ohne dass diese umgekehrt auch sie bezweifeln zu dürften.