das angreifen, das zur rede stellen beginnt mit einem tangieren eines ereignisses und dem undifferenzierten ausdruck des anstoss nehmens.

der angreifer könnte z.b. ein befürworter der coronamaßnahmen sein. während der angegriffene ein kritiker dieser maßnahmen wäre.

mit dem vorwurf eines diffusen etwas mit dem etwas nicht stimme erfolgt die erste kontaktaufnahme durch den anhreifer. es ist ein undifferenziert gehaltener ausdruck der anstößigkeit einer sich in einem verhalten ausdrückenden position.

undifferenziert bedeutet eine kritik, die keine argumentative ebene erreicht sondern lediglich feststellt, hier stimmt etwas nicht.

die feststellung, dass etwas nicht stimmt erfolgt nicht im sinne einer persönlichen meinungsäußerung sondern mit der anmaßung der autorität einer tatsachenfeststellung.

damit will der angreifer das rhetorische schlachtfeld vorbereiten und eine ihm genehme rollenverteilung vornehmen.

auf der beschreibenden ebene beansprucht der angreifer die tatsachen zu vertreten. seine feststellungen erheben wahrheitsanspruch.

auf der ebene der bewertung vertritt er der angreifer die seite dessen, was grundsätzlich als richtig zu gelten habe.

der angegriffene wird durch diese einleitung des angriffs eingeordnet und doppelt beschädigt. seine einordnung als der sich verfehlende soll einschüchtern und somit seine argumentative bewegungsfähigkeit einschränken.

der angegriffene wird dabei der unwahrheit bezichtigt, denn das was er gesagt hat, das weiche von den tatsachen ab. zugleich wird er beschuldigt das falsche zu sagen bzw. zu tun.

es wird also, wenn auch ohne explizite bezugnahme, auf den bloßen umstand der abweichung zwischen der position des angreifers und des angegriffenen eingegangen.

der angreifer nimmt für sich in anspruch dass es keine abweichung von seiner eigenen position ist, sondern ein verstoß gegen eine generelle norm und eine abweichung von den tatsachen.

anders ausgedrückt der angreifer erklärt sich zum objektiven vertreter der tatsachen und zum repräsentanten einer notwendig richtigen generellen norm.

der angegriffene hingegen wird als subjektiver abweichler gebrandmarkt, der einer falschen, subjektiven position anhängt und gegen allgemein anerkannte normen verstößt.

dem anspruch der allgemeinen anerkennung kommt hier diagnostische bedeutung zu.

je mehr ein system die bedeutung und den raum der freiheit des einzelnen beschränkt, desto mehr bedeutung kommt der anerkennung einer position durch das system zu.

aus der sicht des systemprotagonisten verleiht diese allgemeine anerkennung nicht nur das prädikat der wahrheit sondern auch das prädikat der richtigkeit im wertenden sinne.

die handlungsfähigkeit des systemprotagonisten wurde also in essentielle abhängigkeit vom prädikat der allgemeinen zustimmung gebracht.

werden die dem zugrunde liegenden mechanismen ausreichend verdrängt, so resultiert hieraus eine fundamentale abhängigkeit vom system, die in eine ebenso fundamentale befürwortung des systems transformiert wird.

kritik an diesem system bzw. seinen elementen, wie sie vom angeriffenen ausging, wird somit von den systemprotagonisten immer auch als akt gegen ihre persönliche handlungsfähigkeit und somit sie selber wahrgenommen.

die vom angegriffenen ausgehende forderung nach freiheit von den systemstrukturen wird vom angreifer also dem systemprotagonisten immer als angriff gegen dessen freiheit zur handlung wahrgenommen, solange das system ein sein jenseits der systemstrukturen effektiv verhindert.

der primäre vorwurf des angreifers resultiert also aus dem noch unausgesprochenen verstoß gegen das allgemein anerkannte.

der so angegriffene wird damit im doppelten sinne isoliert. einerseits von der wahrheit der dinge, denn er, der angeriffene wird indirekt als einsam und verlassen in seinen wahnvorstellungen und irrtümern dargestellt.

zum anderen wird er so auch von seinen mitmenschen, von seinem sozialen rahmen isoliert, weil er sich eben durch die verletzung dieser normen von seiner gruppe entfernt hat.

der angreifer baut damit ein sehr deutliches hierarchisches gefälle der einschüchterung auf. es ist die hierarchie zwischen dem verurteilenden und dem verurteilten. er stabilisiert seine eigene position und hebt deren übermächtigkeit hervor.

der so angegriffene soll gewissermaßen vorinstanzlich soweit eingeschüchtert werden, dass er sich dazu verleiten lässt, möglichst schnell und reumütig zurückzukehren in den eingezäunten grünen bereich des allgemein anerkannten.

alleine der umstand, sich aus dem eingezäunten bereich des allgemein anerkannten zu entfernen, die pferdekoppel des geistes zu verlassen, muss aus der sicht des angreifers schon als schweres vergehen gewertet werden, weil es ja immer auch die position dessen, der im eingezäunten bereich verbleibt durch aufzeigen von alternativen schwächt, ja durch unausgesprochene zweifel möglicher weise sogar in frage stellt.

der verstoß gegen das allgemein anerkannte, das verlassen der koppel, bedroht den angreifer mit dem verlust seiner fundamentalsten geistigen werkzeuge, nämlich der eindeutigkeit und der sicherheit, die er ja aus seiner unterwerfung unter das allgemein anerkannte erhält.

der angegriffene ist aus der sicht des angreifers somit ein sünder und muss wie ein kleines kind, das sich verlaufen hat, sofort wieder zurück in den eingezäunten bereich geleitet werden.

dann wenn alles wieder gut ist, das kleine kind wieder auf den rechten pfad zurückgebracht wurde und der angreifer das gefühl der wiederhergestellung seiner ordnung hat, kann der vorfall als unfall, als versehen, als irrtum, als unwissentlich und nicht vorsätzlich ausgelegt werden, womit milde, lächeln und frieden wieder einkehren können

der angreifer kann als der gute hirte auftreten und der angeriffene hat als dummes schaf seine lektion erhalten, die hierarchie von lehrer und belehrtem ist wieder hergestellt.

was nun aber, wenn der angegriffene sich nicht sofort reumütig und unterwürfig in den eingezäunten bereich zurückbewegt, wenn er nicht einlenkt, wenn er kein bedauern keine dankbarkeit signalisiert, wenn er seine freiheit nicht aufzugeben bereit ist, wenn er nicht als blökendes schaf, als kastrierter walach zurück zur herde eilt, sondern als hengst die fesseln seiner gefangenschaft nicht mehr anlegen will.

alle diese beispiele illustrieren nur, dass der kampf der kultur gegen die natur kein neues phänomen ist, sondern schon weit in die geschichte zurückgreift. jedes zeitalter bedient sich seiner ihm zugänglichen technischen methoden.

jetzt beginnt phase 2 des angriffes.

jetzt geht der angreifer vom reinen apell in die phase der verhandlung mit urteilsspruch über.

wenn die einschüchterung durch seine rollenbedingte autorität nicht ausreicht, bedarf es der autorität von gründen. der angreifer beginnt also damit seinen angriff zu begründen.

dazu muss er die ganz konkrete situation ganz konkret so darstellen, also so zur gedanklichen grösse werden lassen, dass konkrete geistige verhältnisse entstehen, welche nur eine orientierung im sinne des angreifers zulässt, der jetzt als ankläger auftritt und den vorher noch diffusen schuldsprüch konkretisiert.

jetzt sind die möglichkeiten der bewährung und der freiwilligkeit abgelaufen, jetzt muss ein schuldspruch, ein urteil erfolgen.

der angreifer wird nun also konkret im benennen der verbrechen, denn es sind verbrechen, weil sie eben ein ausbrechen aus dem eingezäunten bereich verkörpern.

der angreifer verfügt nun wiederum über eine gestaffelte form der anklage.

die beiden ebenen seines angriffes beziehen sich auf seine beiden schon genannten eigenen ansprüchlichkeiten. der angreifer erhebt den anspruch die position der tatsachen und der moral zu vertreten.

in der ersten phase des konkretmachens der anklage beschränkt sich der angreifer auf den verstoß des abweichens von den tatsachen.

das ermöglicht es die verurteilung des angegriffenen, der jetzt zum angeklagten wird, noch auf dessen aktivitäten, also sein verhalten bzw. seine äußerungen zu beschränken, anstatt den angeklagten als ganzes verurteilen zu müssen.

das gegen den angeklagten gerichtete aggressionspotential kann so geringer gehalten werden, was wiederum den aggressionshemmungen im ankläger entgegen kommt und der angelegenheit als ganzes weniger stellwert einräumt.

der angreifer der nun explizit als ankläger auftritt kann den vorwurf der abweichung von tatsachen nun erneut staffeln.

in dem er zuerst mit dem vorwurf einer absichtslosen abweichung, also einem irrtum sondiert. gelingt dies nicht, so zieht er das nächste register der anklage, das bewusste, vorsätzliche abweichen von den tatsachen, das ignorieren wider besseren wissens.

grundstrategie seines angriffes ist nun, für die seite der anklage das unerklärt und unbewiesen in anspruch zu nehmen, was er für den angeklagten bestreitet. während der ankläger also für sich in anspruch nimmt die tatsachen zu vertreten, d.h. die wahrheit zu kennen und zu behaupten, wälzt er die last des beweises auf den angeklagten ab.

dem angeklagten wird nun also wenn er sich weiterhin störrisch verhält, nicht einlenkt und den irrtum nicht einräumt, vorgeworfen wider besseren wissens die tatsachen zu ignorieren.

der ankläger nimmt dabei auf die systemische quelle der wahrheit, die wissenschaft bezug. seine positionen seien, so seine argumentation in übereinstimmung mit der wissenschaft und seine forderungen und maßnahmen seien evidenzbasiert. er der angreifer stehe in völliger übereinstimmung mit diesen autoritäten. der angegriffene hingegen nicht.

das ist somit ein verstoß gegen autoritäten, der von eben diesen autoritäten nun gerichtet werden muss um die autorität der autoritäten zu wahren.

dabei reduziert der angreifer die gesamte wissenschaft auf eine einzige position, nämliche die seinige bzw. die systemrelevante position. der angreifer instrumentalisiert also selber die wissenschaft.

ein zu tiefst heterogenes und widerspruchsvolles gebilde wie die wissenschaft, wird hier weitestgehend homogenisiert und von demokratischen strukturen infiltriert.

als wahrheit gilt dann, was angeblich die mehrheit glaubt. sämtliche psychologischen und sozialen mechanismen einer solchen handhabung von wahrheitsfindung werden ignorant ausgeblendet.

die ignoranz liegt hier also eindeutig beim ankläger. richtig ist, was dem systemschutz dient.

der angreifer praktiziert also selber genau das was er dem angegriffenen vorwirft, ignoranz und instrumentalisierung.

der pluralismus der wissenschaft wird in einen monismus der wahrheit umgedeutet, damit die vom system immer engmaschiger erfassten menschen jenes maß an eindeutigkeit haben, das sie benötigen, um im netz der alles durchdringenden systemkontrolle überhaupt noch handlungsfähig zu bleiben.

nach diesem nun totalitär zu nennenden wissenschaftsreduktionismus auf eine dogmatisch als wahrheit deklarierte position wird dem deliquenten vorgeworfen von dieser wahrheit abzuweichen bzw. sie wissentlich zu ignorieren.

dieser vorwurf muss sich nicht auf explizite aussagen des angeklagten beziehen, in welchen er sich ausdrücklich gegen diese sogenannten wahrheiten äußert. dem ankläger reicht der implizite widerspruch zum allgemein anerkannten vollkommen aus.

wenn der angeklagte also etwas tut oder unterlässt oder sagt, das auch nur implizit bzw. indirekt zu dem in widerspruch steht was der ankläger vertritt, so wird dem angeklagten dieser widerspruch bereits zur last gelegt.

hierin spiegelt sich nicht zuletzt auch eine form von neid gegenüber dem angeklagten. denn dieser tut nicht, was der ankläger tut, nämlich sich diesen perspektiven und regeln des systems zu unterwerfen.

der angreifer greift also bereits dann zum angriff, wenn der angegriffene weder durch worte, noch durch taten explizit in widerspruch zu den vorstellungen des angreifers getreten ist.

es geht somit nicht nur um abweichendes verhalten, sondern auch und bereits um die abweichende innere haltungen, auf die nur indirekt geschlossen werden kann.

greift nun aber auch das nicht und die anklage wegen eines widerspruches zu den tatsachen bleibt ohne die angestrebte disziplinierende wirkung, so wird die nächste stufe der anklage eröffnet.

jetzt wird nicht nur eine bloße einstellung oder eine äußerung, sondern ganz explizit ein verhalten angegriffen bzw. angeklagt.

weil nun die anklage auf der sachlichen ebene gescheitert ist, verlagert sie sich auf die wertende ebene des umganges mit tatsachen. es werden also nicht mehr die positionen als solche angegriffen, weil sie angeblich falsch, also nicht wahr sind, sondern die art des umganges mit diesen positionen, denen dabei der anspruch auf wahrheit keineswegs abgesprochen werden muss.

der wertende vorwurf lautet nun also, wie mit bestimmten tatsachen umgegangen wird. d.h. in welcher weise sie entweder mit anderen tatsachen verknüpft werden oder aber in welcher form sie als mittel verwendung finden, d.h. welche ziele damit angestrebt werden.

damit wendet sich der angriff auch schon der zweiten ebene zu, nämlich dem abweichen von den als verbindlich erklärten normen, also die abwendung von diesen normen und die hinwendung zu als verwerflich gebrandmarkten normen, die vom angegriffenen entweder zugelassen, nicht demonstrativ bekämpft oder aber gar befürwortet, ja schlimmsten falls sogar unterstützt wurden.

dieser mißbrauch der tatsachen ist dann also bereits wertebezogen.

sämtliche vorwürfe des angreifers verkörpern im grunde stets nur projektionen des angreifers auf den angegriffenen.

der angreifer unterstellt dem angegriffenen genau das, was er selber tut. mit einem unterschied nur, dem vorzeichen. wenn er es tut so ist es das gegenteil von dem, was es beim angegriffen sein soll. der angreifer beansprucht somit das vorzeichen-monopol für sich. er setzt die vorzeichen und die vorzeichen bestimmen, wie etwas ausgelegt wird.

wenn der angreifer es tut, so ist das vorzeichen positiv und es ist aufklärung, wenn der angegriffene es tut, so ist das vorzeichen negativ und es ist propaganda. wenn der angreifer es tut, so ist das vorzeichen positiv und es bedeutet respekt erweisen, wenn der angegriffene es tut, so ist das vorzeichen negativ und ist es instrumentalisierung.

der eigentliche sachverhalt wird somit in vollkommen unterschiedliche und das ist wesentlich, in gegensätzliche, das bedeutet hier konkurrierende zusammenhänge gestellt. ein und derselbe sachverhalt eines bestimmten konkreten verhaltens wird als mittel von miteinander konkurrierenden zwecken bewertet.

die positive bzw. die negative bewertung der zwecke entscheidet nun über die positive bzw. negative bewertung der mittel.

das wesen der projektion ist dabei der umstand, dass das eigene handeln stets die kategorien der betrachtung der anderen liefert. man betrachtet die anderen also durch die brille des eigenen tuns.

der angreifer zeigt also aggressives verhalten, weil wenn auch unausgesprochen und nicht explizit offenkundig, der angegriffene das loyalitätsverhältnis gegenüber den verbindlich erklärten zwecken verlassen hat.

das zweckgebundene loyalitätsverhältnis charakterisiert insbesondere das verhältnis zwischen arbeitgeber und arbeitnehmer, weshalb charakteristischer weise der arbeitgeber in der rolle des angreifers auftreten dürfte, während der arbeitnehmer die rolle des angegriffenen spielt.

der arbeitsgeber fordert vom arbeitsnehmer jene zweckgebundene loyalität ein und weitet diese dann auf alle bereiche aus, die seine interessen tangieren.

löst sich der angegriffene nun aus dem vom angreifer beanspruchten bewertungsmonopol, so kann er unschwer erkennen, dass die vom angreifer positiv besetzten eigenen aktivitäten, sich augenblicklich in eben jenes negative verwandeln, zu dem die negativen bewertungen des angreifers das verhalten des angegriffen erklären.

der angegriffene könnte nun also mit gleicher münze zurückzahlen, was er vom angreifer erfährt.

dazu muss er sich vorher allerdings aus eben dem bewertungsmonopol des angreifers lösen. das tut er, wenn er sein eigenes system der bewertung auf den angreifer anwendet.

damit kollidieren nun die autoritäten von angreifer und angegriffenen unmittelbar. der angegriffene hat sich selbst zur autorität erhoben, statt sich der autorität des angreifers zu unterwerfen.

der angreifer der sich bis dahin in seinen positionen verabsolutiert hat, wird nun in frage gestellt. seine von ihm beanspruchte gefolgschafft im sinne des systems wird ignoriert, auf dass er nun selbst isoliert wird. der angreifer wird selbst zum angegriffenen.

damit freilich ist die letzte und höchste stufe des konfliktes erreicht. der angreifer ist erschüttert, weil sich der angegriffene explizit gegen die autorität des systems stellt und dem angreifer damit den boden entzieht, auf dem dieser bislang stand.

in dieser letzten stufe der eskalation wendet sich der angreifer nun explizit gegen den angegriffenen, den er also solchen für verwerflich und schlecht und hochgradig gefährlich verurteilt. als nicht verbesserungsfähig oder -willig muss er deshalb aus dem system entfernt werden.